Rückblick – Ein Jahr danach

Im Juni 2019 flogen viele Personen aus allen Provinzen Kanadas nach Hamburg. Diesmal fand die jährliche Rotary International Convention in Hamburg statt. Der Rotary Club besteht aus ca. 35.200 Clubs weltweit, die sich über fast alle Länder der Erde verteilen. Ziel der Rotarier ist es meist, Menschen in Not zu helfen oder aber prophylaktisch einzugreifen, bevor Notstände entstehen.

Hilfsbereitschaft kennt keine Grenzen

Besonders das Wort Nachhaltigkeit wird großgeschrieben. Die Rotary Club Organisation besteht seit über 110 Jahren und konnte in dieser Zeit viel Positives bewirken. So ergab sich zum Beispiel vor ca. 10 Jahren eine Zusammenarbeit zwischen dem kanadischen Rotary Club Port Hawkesbury, Familien aus Port Hawkesbury und der kanadischen Landerschließungsfirma Canadian Pioneer Estates Ltd., bei der ein neuer Spielplatz für Kinder und Jugendliche in Port Hawkesbury gebaut wurde. Dies war das größte Projekt, welches der Port Hawkesbury Rotary Club bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführt hatte. Heute ist der Spielplatz für Kinder ein Sammel- und Treffpunkt und praktisch ein nicht mehr wegzudenkender Teil der Stadt Port Hawkesbury. Es wurden auch noch ein Skateboard-Park und ein Basketballplatz errichtet. Da beide an Schulen angrenzen, haben viele Jugendliche Zugang zu diesen Anlagen und erfahren hierdurch eine echte Förderung. Es ging hier darum, Kinder mehr für Sport und Teamgeist zu motivieren, nicht zuletzt, damit Kinder durch Aktivitäten mehr Bewegung finden, um langfristig gesund zu bleiben.

„Langfristige Planung – nachhaltige Hilfe“

Ein anderes Projekt, welches ungefähr zum gleichen Zeitpunkt auch für junge Menschen ins Leben gerufen wurde, war die bis heute bestehende Friends United Initiative. Auch hier ging und geht es oft um Jugendliche und Kinder, allerdings vor einem anderen Hintergrund. Die Friends United Initiative wurde von dem deutschen Auswanderer bzw. kanadischen Unternehmer Rolf Bouman vor vielen Jahren gegründet, um insbesondere hilfebedürftige, indigene Kinder und Künstler durch Förderung zu unterstützen. Die Notwendigkeit hierfür lässt sich in einem Satz beschreiben: Die indigenen Völker Kanadas verzeichnen zwar die höchste Geburtenrate des Landes, gleichzeitig aber auch die höchste Selbstmordrate unter Kindern und Jugendlichen. Viele junge Menschen nehmen sich traurigerweise jedes Jahr das Leben.

Als Rolf Bouman vor 30 Jahren, nach seiner Auswanderung, diese steigende Tendenz wahrnahm, begann er, langfristig zu planen, um diesen Kindern und Familien zu helfen. Nachdem sich dann bei der Friends United Initiative auch Firmen, wie beispielsweise Canadian Pioneer Estates Ltd. und CANEC Land Developments Inc., engagierten und man zwischenzeitlich auch weitere essentielle Verbindungen aufgebaut hatte, war die Initiative im Jahre 2009 endlich so weit, bei existentiellen Problematiken aktiv intervenieren zu können. Es war schon lange offensichtlich geworden, dass viele Kinder und Jugendliche sich meist aus Hoffnungslosigkeit das Leben nahmen. Einige indigene Gemeinden haben bis heute nicht einmal eine vernünftige Kranken- und Wasserversorgung oder adäquate Schulen. Die indigenen Völker Nordamerikas wurden über Jahrhunderte kolonialisiert und teilweise entwurzelt. Weshalb erst eine solide Grundlage geschaffen werden muss, indem ältere Generationen dieser Völker unterstützt werden, damit diese in der Lage sind den nachfolgenden Generationen helfen zu können, sich neu zu definieren und so ein unabhängiges, neues Leben aufbauen. Sei es der Stolz auf ihre Kultur, ihre Identität, die Verwurzelung mit den Ahnen und dem Land oder auch ihre Spiritualität.

Es galt nun, die Vergangenheit genauer zu analysieren, um angemessene Maßnahmen ergreifen zu können. Ein wichtiger Aspekt in der Vergangenheitsbewältigung besteht in den „Residential Schools“, in denen indigene Kinder (für Jahre von ihren Eltern getrennt) konditioniert und konformiert werden sollten. Diese zumeist kirchlichen Internate existierten zwischen ca. 1890 und ca. 1965 und hinterließen ihre Spuren in den indigenen Kinderseelen.

Angemessene Maßnahmen finden und Vertrauen aufbauen

Es war anfänglich bei der Gründung der Friends United Initiative sehr schwierig, das Vertrauen der indigenen Mitmenschen zu gewinnen und auch das einiger kanadischer Regierungsebenen. Heute ist die Friends United Initiative kanadaweit bekannt und geschätzt auf allen Regierungsleveln von Ottawa bis Halifax und besonders bei vielen indigenen Völkern. In einigen Fällen konnte Friends United auch das Verständnis zwischen der kanadischen Regierung und indigenen Völkern untereinander fördern. Angefangen hatte Rolf Bouman damit, dass er nach diversen Gesprächen und Beratungen mit Stammesältesten, Häuptlingen und vielen Regierungsmitgliedern eine Künstlerinitiative ins Leben rief, die heute weit mehr geworden ist. Besonders unterstützen ihn hierbei Rodney MacDonald, der ehemalige Premierminister der Atlantikprovinz Nova Scotia sowie viele indianische Häuptlinge. Es geht um Versöhnung der Völker, gegenseitige Toleranz, Vergebung, Freundschaft, gegenseitigen Respekt, Offenheit und Ehrlichkeit. Die Friends United Initiative begann damit, indigene Künstler zu suchen, zu fördern und auszubilden. Hierzu wurde allen Künstlern kostenlos Pinsel, Farbe und Leinwand zur Verfügung gestellt und auch der Verlag Adventure Canada Publishing Inc. gegründet und somit wurden für die indigenen Künstler und deren Familien langfristige Möglichkeiten geschaffen, sich von ihrer Kunst zu ernähren. Da sowohl der Verlag Adventure Canada Publishing Inc. sowie auch die Landerschließungsfirma Canadian Pioneer Estates Ltd. zur gleichen Firmengruppe gehören, wurde es für indigene Mitbürger machbar, Bilder, Kunst und Arbeitsleistung gegen Grundstücke einzutauschen. Diese Möglichkeit war extrem wichtig und hat vielen indigenen Familien geholfen, wieder alte Bräuche zu praktizieren und neue Wurzeln zu finden. Friends United versucht auch, für indigene Mitbürger, die andernfalls obdachlos wären, Wohnungen zu finden.

Unterstützung, die sich auch auf die folgenden Generationen auswirkt

Letztendlich nahmen auch die Kinder der Künstlerfamilien die kreativen Veränderungen bei ihren Eltern und Großeltern wahr und lernen nun mehr über ihre eigene Kultur. Bilder sprechen mehr als Worte und sind nicht an Sprachen gebunden. Denn nun wurden durch die Friends United Initiative indigene Maler Kanadas, die früher wenig Beachtung fanden, zu kulturellen Botschaftern. Unterstützt wurde diese Veränderung durch den Bau des Friends United International Convention Centres, welches laut dem Oberhäuptling Kanadas, die größte indigene Kunstausstellung des Landes beherbergt und der Öffentlichkeit zugänglich ist. Einige Zeitgenossen, die früher noch kritisch indigenen Mitbürgern gegenüberstanden, lernten nun das große Potential kennen, das die First Nations Nordamerikas einbringen und beitragen können. Inzwischen stellen sich Häuptlinge verschiedenster Ebenen, sowie amtierende und frühere Führungsspitzen vieler politischer Parteien hinter das Projekt. An dieser Stelle ein interessanter Aspekt, welcher die Friends United Initiative durch ihren deutsch-kanadischen Gründer Rolf Bouman zu einem Mediator der Versöhnung und Freundschaft machte. Das Rolf Bouman auch Deutscher war, wurde von vielen Indianerhäuptlingen als positiv gesehen und versetzte Friends United in die besondere Lage, wichtige Glaubwürdigkeit bei den Indianern zu haben.
Viele Indianerhäuptlinge verbrachten ihre Jungend in Deutschland und lernten die Deutschen zu schätzen, pflegten dort enge Freundschaften und lernten teilweise auch die deutsche Sprache. Sie kannten auch Karl May, der bekannterweise die Freundschaft zwischen Indianern und dem „weißen Mann“ beschrieb.

Bleibende Erinnerungen an Deutschland

Drei Beispiele: Ein indigener Jugendlicher, der lange Zeit in Unna aufwuchs, ist der indianische Erbtitelhäuptling Stephen Augustine. Stephens Vater kämpfte im zweiten Weltkrieg und wurde zweimal von deutschen Soldaten gefangengenommen und danach in beiden Fällen wieder freigelassen. Mehr hierzu in dem Video https://youtu.be/UKaxckehtZs. Daraus ergab sich unter anderem, dass der Vater von Stephen Augustine mit seiner Familie nach dem Krieg lange Zeit noch in Deutschland verblieb. Die Familie hatte viele deutsche Nachbarn und Freunde. Man ging später irgendwann nach Kanada zurück, trotzdem verblieben viele bleibende Erinnerungen und Verbindungen nach Deutschland. Ein zweites Beispiel ist der langjährige, mittlerweile leider verstorbene, Häuptling der Provinz Nova Scotia Lawrence Paul, der nach dem zweiten Weltkrieg als sehr junger Soldat in Deutschland bei einer Friedenseinheit stationiert war. Er begrüßte Rolf Bouman sofort mit einem Handschlag und einer Ehrung, nicht zuletzt auch wissend, was die Friends United Initiative für sein Volk die Mi’kmaw verändern konnte und bereits verbessert hatte. Die dritte Person mit hoher Affinität zu Deutschland ist der frühere Oberhäuptling Kanadas Shawn Atleo, der bis heute oft Deutschland besucht. Er berichtete, dass während des zweiten Weltkrieges deutsche Kriegsgefangene auch von indianischen Soldaten bewacht wurden und dass, da die deutschen Gefangenen ihren indigenen Wächtern großen Respekt entgegenbrachten, sich hier echte und tiefgehende Freundschaften bildeten. Aufgrund dieses guten Verhältnisses zwischen Indianern und Deutschen heirateten nach dem Krieg viele indigene Kanadier und Deutsche und somit hat auch Shawn Atleo deutsche Wurzeln. Die Friends United Initiative freut sich über die positive Resonanz der First Nations und hofft, dass sich weitere Grundlagen finden, welche die Freundschaft zwischen den indigenen Völkern Kanadas und den Völkern dieser Welt bestärken.

Unterstützt wird die Völkerverständigung auch dadurch, dass vor ca. 5 Jahren ein Musikprojekt initiiert wurde, welches Friends United zwischen verschiedenen indigenen und anderen weltbekannten Musikern plante.
Voraussichtlich wird im nächsten Jahr hierzu eine erste CD erscheinen. Federführend hierbei ist Maite Itoiz mit ihrem Elfenthal-Projekt.

Rotary und Friends United Initiative

Die Verbindung zwischen dem Rotary Club und Friends United ist nun recht einfach. Nachdem viele Rotary Mitglieder dem District Governor von 54 kanadischen Rotary Clubs, Rob Christie, von dem Friends United Projekt berichteten, besuchte Rob Christie das Friends United International Convention Centre im Februar 2019 persönlich. Im Zusammenhang mit diesem Besuch wurde Friends United berichtet, dass im Juni 2019 auf dem Welttreffen der Rotarier in Hamburg einige, sehr signifikante Projekte unentgeltlich ausgestellt würden. Der Rotary Club Port Hawkesbury und die Friends United Initiative wollten gerne wieder ein Projekt realisieren und sich gemeinsam für das Hamburger Event bewerben. Da eine Fülle von Projekten für die Rotary International Convention vorgeschlagen waren und nur sehr wenige Rotary Clubs die Möglichkeit erhalten würden ihre Projekte auf der Convention zu präsentieren, schätzte man den Erfolg der eigenen Projektpräsentation als sehr gering ein. Zur Überraschung aller Beteiligten, wurde das Friends United Projekt schon nach einigen Wochen für die Rotary International Convention in Hamburg nominiert. Es flogen nun die Personen nach Norddeutschland, die am engsten mit der Friends United Initiative verbunden waren. Dies waren der frühere Nova Scotia Premierminister Rodney MacDonald, der mittlerweile verstorbene Indianerkünstler Jay Bell Redbird mit seiner Frau Halina. Die (Ad)Venture Canada East Autorin und Fotografin Elena Paul, Rolf Bouman und weitere Personen zur technischen Unterstützung. Die Woche bei der Rotary International Convention wurde bei allen als großer Erfolg wahrgenommen und es stellte sich heraus, dass die Friends United Initiative in Kanada als einzigartig gilt und es weltweilt ähnliche Initiativen gibt. Stolz verbreitete Jay Bell Redbird als langjähriger indianischer „Storyteller“ und Künstler die Geschichten seines Volkes und erläuterte den Convention-Teilnehmern seine Bilder. Mehr Informationen zu dem Event in Hamburg erhalten Sie in dieser Ausgabe auf den Fotos und in einem Film unter www.friends-united.ca/interviews/ (Friends United in partnership with the Rotary Club Port Hawkesbury at the Rotary International Convention 2019 in Hamburg) oder auch unter https://youtu.be/TWFdQhJTsKc.

Wer einen Eindruck von der Friends United Initiative gewinnen möchte, sollte an die Ostküste Kanadas kommen und nach Cape Breton fahren, um das Friends United International Convention Centre zu besuchen und viele der beteiligten Menschen persönlich zu treffen. Natürlich kann man sich vorher auch viele Filme auf Deutsch und Englisch im Internet bei Friends United anschauen.